Schließen
Reisebrief von Sigmund Freud

Reisebrief von Sigmund Freud

Bad Dreikirchen will erklommen sein ...

... und das allein macht bereits einen großen Teil seiner Anziehungskraft aus.Allen Versuchen, Zufahrtsstraßen zu bauen und die Gegend zeitgemäß touristisch zu erschließen, hat man getrotzt. Zum Glück und zur Freude der Kenner und Genießer.
In früheren Zeiten verfrachtete man das Gepäck der Sommerfrischler mühsam auf Pferde oder Esel. Die meisten Gäste zogen es ohnehin vor, sich zu Fuß den Berg hinaufzuschleppen – von Barbian aus oder von ganz unten, vom Eisacktal.
So wie Sigmund Freud, der Ostern 1905 keine Anstrengung scheute:
„Wir waren also bei schönem, warmem Wetter, obwohl nebligem Himmel, so dass man die vielen schneeweißen Berge nicht von den Wolken trennen konnte, in Dreikirchen. Also, das müsst Ihr Euch so vorstellen. Von Waidbruck, gerade vis-à-vis der Trostburg, muss man einen Hügel hinauf, ungefähr so hoch wie der Leopoldsberg; der Weg ist auch nicht viel besser, zieht sich in steilen Serpentinen etwa vierhundertfünfzig Meter hoch, ist recht schmal, so dass nur ein leichtes Wägele dort fahren kann (…) Nach etwa Dreiviertelstunde kommt man zu einem Dorf, St. Barbian, dann geht es auf einem mit Steinen gepflasterten Weg recht steigend, aber doch mehr seitwärts herum durch einen schönen Wald, der den einen Fehler hat, nicht zu enden.“
Ungeachtet dieses Defizits schaffte es der prominente Gast, den Wald hinter sich zu lassen. Er findet als Belohnung eine Aussicht vor „wie eine Landkarte, das Eisacktal von Klausen bis Waidbruck, oben alle unbekannten Berge bis zum Schlern“.
Das Resümee dieses Osterspaziergangs fällt somit erfreulich aus:
„Es war eine entzückende Einsamkeit, Berg, Wald, Blumen, Wasser, Schlösser, Klöster und keine Menschen. Auf dem Rückweg begann es zu regnen, aber gnädig. Das Abendessen hat dann sehr gut geschmeckt.”


mp

Matthias und Annette Wodenegg
Gasthof Bad Dreikirchen