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Es war im Jahr 1903

Es war im Jahr 1903

Hier schlägt das Herz der Dolomiten: Das Hotel Monte Sella liegt vor großartiger Kulisse in einem lauschigen Refugium, in St. Vigil in Enneberg. Man wird den Eindruck nicht los, in einer anderen Zeit gelandet zu sein.

Ein anderes Jahrhundert, ein anderes Jahrtausend, eine andere Welt!
Tatsächlich erzählt das Haus von Abenteuern und großen Ereignissen, von der Historie einer aufmerksamen Gastgeberfamilie und dem Charme eines alpinen Bergdorfs. Norbert Cristofolini, der Besitzer des historischen Hotels Monte Sella, erzählt uns von den Gründerjahren, von düsteren Zeiten und der engen Beziehung zu seinem unverwechselbaren Haus.

Beginnen wir von vorn: „Die Dolomiten wurden etwas später entdeckt als andere Regionen und Berge der Alpen“. Doch vor 150 Jahren gerieten vor allem englische Alpinisten und Reiseschriftsteller in den Bann der bizarren Gipfel und unvergleichlichen Felsformationen, die wir noch heute bewundern“. Bücher wie „The Dolomite mountains“ von Josiah Gilbert und George C. Churchill, erschienen 1864 in London, und die bahnbrechenden „Wanderungen in den Dolomiten“ von Paul Grohmann, Wien 1877, entfachten damals nicht nur bei Abenteurern große Neugier. Dazu kam die junge Eisenbahn, die schon bald das Pustertal erreichte – 1871. Die Dolomiten werden damit vom Norden her erschlossen. Es kommen vornehme Gäste ins Land, aber auch kühne Alpinisten, die sich immer weiter nach oben wagen, in entlegene Täler und auf hohe Gipfel. Ende des 19. Jahrhunderts baut man die ersten Schutzhütten. Die Ansprüche steigen – und so entstehen im Tal auch anspruchsvolle Häuser. Es ist genau die Zeit, in der das Hotel Monte Sella gegründet wird. Wir schreiben das Jahr 1903.

Norbert Cristofolini lässt uns in die Baugeschichte blicken: „Die ersten Besitzer, Maria und Josef Mutschlechner, waren in St. Vigil mit dem Postdienst beauftragt. Die beiden führten bereits ein stattliches Haus, das Hotel Post. Das vom Baumeister Alois Clara aus Longiarù Campill errichtete Gebäude ist bis auf einige Erneuerungen und Verbesserungen vollständig erhalten geblieben. „Es ist vor allem meinem Vater, Giovanni Cristofolini, zu verdanken, dass er von einer vollständigen Modernisierung oder gar einem Abbruch absah. Ein Allerweltsbau im Stil der 1970er und 1980er Jahren blieb uns Gottlob erspart“.

Kurz zum Charakter und zu den architektonischen Feinheiten, die uns gleich ins Auge fallen: Der Bau ist ein gelungener, unaufdringlicher Mix aus Jugendstil, Liberty und Art nouveau. Der beachtliche Baukörper erhebt sich über einem eingetieften, mit Stein verkleideten Tiefparterre. Das leicht erhöhte Erdgeschoss, die beiden Obergeschosse und die Giebel sind verputzt. Die gelb und rot gestrichenen Holzbalkone weisen den Bau als gehobenen Beherbergungsbetrieb aus. An der Nordseite zieht das polygonale Treppentürmchen mit Spitzdach die Aufmerksamkeit auf sich; es verleiht dem Haus eine unverwechselbare Note.

„Durch die originale Haustür betreten unsere Gäste die Vorhalle, deren Wände Malereien zieren, die wir vor rund 20 Jahren freilegen ließen. Dabei fällt auf, dass Fantasie-Berge als Motive dienten – und nicht das malerische Dorf mit den Dolomitenbergen ringsum“, sagt Cristofolini. Und weiter: „Wir haben auch die ursprünglichen Terrazzo-Böden im Eingangsbereich rekonstruiert.“ Die elegant geschwungene Stiege aus Steinplatten, Eisengeländer und hölzernem Handlauf bis in den 3. Stock ist dem späten Historismus verpflichtet. Hier hängt auch noch die historische Glocke, welche die Gäste auf die Essenszeiten hinweist.

Während des ersten Weltkrieges diente das Hotel Monte Sella so wie andere bedeutende Hotels als Lazarett für Offiziere. St. Vigil befand sich in unmittelbarer Nähe zur Dolomitenfront. Der Neuanfang nach dem Krieg gestaltete sich schwierig, doch nach einiger Zeit ging es aufwärts. Werbeplakate des weit über die Landesgrenzen gefragten Graphikers Franz Lehnhart aus den 1930er Jahren bezeugen, dass es auch erstmals eine Wintersaison gab, während vor dem Krieg das Haus nur im Sommer geöffnet war.

Hautsächlich Gäste aus Deutschland kamen hierher, sie besuchten gerne auch die nahe Thermalstation „Bad Cortina“. Im zweiten Weltkrieg war das Hotel wiederum vom Militär besetzt, diesmal von der Deutschen Wehrmacht. Bei Kriegsende erbt Giovanni Cristofolini, der Vater von Norbert, mit seinen Geschwistern das Hotel. Es entwickelt sich eine wahre Liebesgeschichte, die gleich mehrere Generationen mit dem Hotel Monte Sella aufs Engste zusammenschweißt. „Meine Eltern Giovanni und Olga kümmerten sich liebevoll um das Haus und die Gäste und führten das Hotel nach einem mühsamen Neubeginn durch die turbulenten 1970er und 1980er Jahre. Dann war ich an der Reihe, ich war noch jung, erst 25. Zur Jahrhundertwende, vor rund 20 Jahren, planten wir erstmals einen Erweiterungsbau, es sollte eine Holzkonstruktion sein. Der Zubau beherbergt jetzt die Küche, den neuen Speisesaal sowie Zimmer in den Obergeschossen.“ Die Zurückhaltung in Höhe und Gestaltung sowie der Abstand zum historischen Gebäude lassen den Zubau geradezu als Bereicherung erscheinen. Zehn Jahre später folgte ein weiterer Anbau. Er umfängt in einem sanften Knick den Garten, der sich bis zum Mutterhaus erstreckt. Hier liegt der neue Wellnessbereich mit Schwimmbad, Saunen, Beautykabinen und weiteren Zimmern im Obergeschoss. Die Konstruktion aus Holz wirkt wie eine Art Synthese, eine Abstraktion der um 1900 üblichen Speisesäle und Wintergärten.

„Der sorgfältige Umgang mit dem denkmalgeschützten Hotel hatte und hat für mich oberste Priorität. Es ist gelungen, die Neubauten harmonisch anzuschließen, ohne dem historischem Haus seinen Charakter zu nehmen“, freut sich Norbert Cristofolini.  Vergangenheit und Gegenwart verbinden sich im Monte Sella zu einem stimmigen, charmanten Gesamtkonzept. Heute stehen den Gästen im historischen Trakt 35 individuell gestaltete Zimmer zur Verfügung. Sorgsam und fachkundig auserlesenes antikes Mobiliar prägt den Charakter des Stammhauses.

 Quellen: Cronaca Hotel Monte Sella, Norbert Cristofolini; DER HISTORISCHE GASTBETRIEB DES JAHRES IN SÜDTIROL - Auszeichnung der Stiftung Südtiroler Sparkasse in Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt und dem Hoteliers- und Gastwirteverband - Besondere Auszeichnung 2016 Hotel Monte Sella

Anna Cristina und Norbert Cristofolini
Hotel Monte Sella